Zeitgeschichte, Wissenschaft und Politik(German, Paperback, unknown)
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Zeitgeschichte, Wissenschaft und Politik: Der "Historikerstreit" - 20 Jahre danach Die Verwunderung waere gross, sehr gross. Zumindest bei all jenen Beobachtern der politischen Kultur in Deutschland, die heute, 20 Jahre nach der publizis- schen Grosskontroverse namens "Historikerstreit", das erste Mal wieder einen Blick auf die Bundesrepublik werfen wuerden. Viel ist in der Zwischenzeit geschehen. Sowohl im politischen als auch im kulturellen Bereich. Sinnfaelliges Zeichen: Aus der "Bonner" ist inzwischen die "Berliner Republik" (vgl. Baring 1999) geworden. Das, was zu Bonner Zeiten noch von groesster Bedeutsamkeit schien, nimmt heute einen zum Teil ganz an- ren, oftmals nachgeordneten Stellenwert ein. Anderes wiederum, was zu Bonner Zeiten noch undenkbar schien, ist heute, wenn nicht selbstverstaendlich, so doch moeglich: Seien es, politisch, Auslandseinsaetze der Bundeswehr ausserhalb des NATO-Buendnisgebietes, sei es, in Distanz zu den Vereinigten Staaten, ein von Rot-Gruen proklamierter und beschrittener "deutscher Weg" - "selbstverstaendlich und normal" (vgl. Bahr 2003) -, oder sei es kulturell, jene durch Guenter Grass, Joerg Friedrich und andere initiierte "Opfer-Debatte" ueber das Leiden deutscher Zivilisten am Ende des Zweiten Weltkriegs. Wenn Guenter Grass es rueckblickend als ein "bodenloses Versaeumnis" (zitiert nach Fuhr 2005: S. 67) der Intellektu- len bezeichnet, die Leidensgeschichte vieler Deutscher am Ende des Kriegs - terschlagen zu haben und wenn auch in Teilen der 68er-Generation die Bere- schaft "zu milderem Urteil, ja zur Revision" waechst (Frei 2005), dann, so meinte Eckhard Fuhr juengst, muessten 60 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, womoeglich die "alten Geschichten neu erzaehlt werden" (Fuhr2005: S. 57).