Religioeser und kirchlicher Wandel in Ostdeutschland 1989-1999(German, Paperback, unknown)
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Der Umbruch von 1989/90 in Ostdeutschland hat alle gesellschaftlichen Bereiche erfasst, nicht nur den politischen Bereich, sondern auch den wirt- schaftlichen, den rechtlichen und den kulturellen. Die sozialen Veraenderun- gen erstreckten sich vom Berufsleben bis in das Konsum-und Freizeitver- halten und den W ohn-und Lebensstil der neuen Bundesbuerger hinein. Die Veraenderungen betrafen ihr Verhaeltnis zur Buerokratie, zum Geld, zur Zeit, ja sogar zum eigenen Koerper. Liegt es angesichts dieses umfassenden, radikalen Wandels nicht nahe, auch auf dem religioesen Feld mit deutlich wahrnehmba- ren Veraenderungen zu rechnen? Zunaechst koennte man vermuten, dass mit der Liberalisierung der politi- schen Verhaeltnisse in Ostdeutschland eine neue Zuwendung zu Religion und Kirche einsetzte. Jahrzehntelang waren Religion und Kirche gesellschaftlich ausgegrenzt, ideologisch stigmatisiert und politisch unterdrueckt. 1989 ge- hoerten nur noch etwa 30 Prozent der Ostdeutschen einer der christlichen Kirchen an. 1949, zum Zeitpunkt der Gruendung der DDR, waren noch ueber 90 Prozent Mitglied in einer Kirche, dabei ueber 80 Prozent Mitglied der evangelischen Kirche. Innerhalb von 40 Jahren hatte sich der Anteil der Kon- fessionslosen fast verzehnfacht. Viele erwarteten daher, dass die Entspannung der politischen Verhaeltnisse - die Beendigung der Benachteiligungen von Christen im oeffentlichen Leben und in der schulischen und beruflichen Aus- bildung sowie die Entideologisierung der Erziehung - zu einem neuen Auf- schwung in den Kirchen und Religionsgemeinschaften fuehren wuerde. Diese Erwartung verstaerkte sich angesichts der besonderen katalytischen Rolle, die die Kirchen im Prozess des gesellschaftlichen Umbruchs von 1989/90 gespielt hatten.